17. Österreichische Schmerzwochen: Schmerzbehandlung im Wohnzimmer – Elektrotherapien zur Heimanwendung im Trend

Wien/Linz (pts015/30.01.2018/10:20) – Bei chronischen Schmerzen müssen nicht immer Medikamente die alleinige Therapie sein: Elektrotherapeutische Anwendungen sind sicher und haben viele schmerzlindernde Effekte. Eine breite Palette von Therapie-Optionen steht zur Verfügung – und auch solche, die Patienten in den eigenen vier Wänden nutzen können, berichtet die Österreichische Schmerzgesellschaft aus Anlass ihrer Schmerzwochen 2018.

Gerade bei chronischen Schmerzen ist es für Betroffene wichtig, auch selbst etwas zur Linderung ihrer Beschwerden beitragen zu können. Medikamente sind dabei nicht die einzige Strategie. Es gibt eine Reihe von elektrotherapeutische Anwendungen, die Patienten auch zuhause anwenden können. „Heimbehandlungen sind vor allem bei längerfristigen oder chronischen Beschwerden eine Säule in der Schmerzbehandlung“, sagt Prim. Dr. Daniela Gattringer, Vorstandsmitglied der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖGS) und Vorstand der Abteilung für Physikalische Medizin am Ordensklinikum, Barmherzige Schwestern Linz. Die nötigen Geräte gibt es nach ärztlicher Verordnung oft leihweise von der Krankenkasse.

Hochton-Therapie gegen neuropathische Schmerzen

Zu den elektrotherapeutischen Standardanwendungen sind in den letzten Jahren einige neue Behandlungsoptionen dazugekommen: Sollen an zwei Stellen gleichzeitig mit unterschiedlicher Intensität Schmerzen gelindert und eventuell auch Muskel aufgebaut werden, können zum Beispiel 2-Kanal-Reizstromtherapiegeräte eingesetzt werden. Auch kleine, batteriebetriebene TENS-Geräte eignen sich zur Schmerztherapie in den eigenen vier Wänden.

Relativ neu ist die Hochtontherapie, eine mittelfrequente Muskelstimulation mit sehr guter Tiefenwirkung und Anregung des Zellstoffwechsels. Sie hat sich in den letzten Jahren vor allem für die unterstützende Behandlung von Polyneuropathien etabliert, und zwar ungeachtet der Ursachen der Beschwerden. „Ihre Wirksamkeit wurde in einem Konsensus-Statement der Österreichischen Schmerzgesellschaft positiv bewertet. Die Polyneuropathie-Symptome sollen durch die Hochtontherapie deutlich zurückgehen“, berichtet Prim. Gattringer. Besonders große Erfolge erzielt diese Muskelstimulation bei intensiven neuropathischen Beschwerden. Gut untersucht ist die Wirkung bei diabetischer Polyneuropathie und bei neuropathischen Schmerzen in Zusammenhang mit einer Niereninsuffizienz. Erfahrungen zeigen aber, dass Hochtontherapie auch Polyneuropathien lindert, die von der Medikamentengabe im Rahmen einer Chemotherapie rühren. Nach dem Therapiebeginn in Praxis, Klinik oder Reha-Zentrum ist es günstig, die Behandlung zu Hause fortzusetzen.

Manche Krankenkassen übernehmen auch die Kosten für die Ultraschalltherapie in Form von Heimbehandlung. Sie wird je nach Indikation mit Kontaktgel oder im Wasserbad durchgeführt und hauptsächlich bei Insertionstendopathien eingesetzt. Von diesen Schmerzzuständen im Übergang von Sehne zu Knochen können Patienten mit rheumatischen Erkrankungen betroffen sein. Die Beschwerden können aber auch im Sinne eines Überlastungssyndroms bei Sportlerinnen und Sportlern auftreten. „Wichtig ist, dass vor einer elektrotherapeutischen Heimbehandlung jedenfalls eine Abklärung und Therapieplanung durch einen Facharzt oder eine Fachärztin für Physikalische Medizin erfolgt“, betont Prim. Gattringer. „Selbstverständlich ist auch eine intensive Einschulung der Patienten wichtig.“

Wie „Strom“ zur Schmerzlinderung beiträgt

Elektrotherapeutische Maßnahmen haben viele analgetische Wirkungen, die über die lokale Betäubung durch eine elektrische Reizung der sensiblen Nervenstränge weit hinausgehen. Sie können beispielsweise den Elektrotonus günstig beeinflussen: Durch konstante Gleichstromanwendung verändert sich die Zellmembran. Das führt dazu, dass die Schmerzschwelle angehoben wird. Ein weiterer schmerzlindernder Effekt kann durch die „Gate Control Theorie“ erklärt werden: Durch eine Stimulation der Mechano-Rezeptoren mit Strömen zwischen 50 und 150 Hertz werden Schmerzimpulse auf Rückenmarksebene blockiert, also das Tor für den Schmerz geschlossen. Auf diese Weise wird der Schmerz nicht ins Zentralnervensystem weitergeleitet, der Patient kann ihn daher nicht empfinden. „Diese Unterbrechung der Schmerzleitung bringt vor allem bei akuten Beschwerden rasche Erfolge. Danach muss die Intensität nachgeregelt bzw. die Frequenz geändert werden, um Gewöhnungseffekte zu verhindern“, so Prim. Gattringer.

Schmerzlindernde Wirkung entfalten auch Impulsströme mit niedrigen Frequenzen (z.B.: 2 HZ), die zur Ausschüttung analgetischer Neurotransmitter im supraspinalen Hemmsystem führen. Dazu ist eine Therapiedauer von mindestens 30 Minuten nötig. Diese Form der Elektrotherapie eignet sich va. für anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen. Elektrotherapie kann außerdem dazu beitragen, den Teufelskreis aus Schmerz und Verspannung zu durchbrechen: Muskelspannungssenkende Anwendungen, beispielsweise mittels Interferenzströmen wirken daher oft schmerzlindernd, muskelkräftigende Maßnahmen (Schwellstromanwendungen) helfen, instabilitätsbedingte Schmerzen zu reduzieren. Mithilfe von galvanischem Strom können außerdem verschiedene Arzneimittel durch die unverletzte Haut in den Körper geschleust werden (Iontophorese). Das unterstützt und verstärkt die schmerzlindernden und entzündungshemmenden Effekte der Stromanwendung.

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