Wien (pts038/19.05.2017/14:30) – „Im Vergleich zum Jahr 2012 ist die Zufriedenheit der Ärztinnen und Ärzte in Österreich dramatisch gesunken. Nur noch 26 Prozent sind mit ihrem Beruf ’sehr zufrieden‘, vor fünf Jahren waren es 40 Prozent“, so Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte der Österreichischen Ärztekammer. Dass mit 31 Prozent knapp ein Drittel der Ärzte mit ihrem Beruf in unterschiedlichem Ausmaß unzufrieden sind und dass der Anteil der schlicht und einfach ‚Unzufriedenen‘ in nur fünf Jahren von 2 Prozent auf 15 Prozent angestiegen ist, sei eine Entwicklung, die von den Zuständigen auch versorgungspolitisch sehr ernst genommen werden müsse:
„Eine zunehmende Unzufriedenheit der Ärzte mit ihren beruflichen Rahmenbedingungen wird keinen positiven Einfluss auf die Berufsentscheidung junger Menschen haben und wird sie vom Arztberuf tendenziell fernhalten. Das kann sich Österreich nicht leisten, denn wir brauchen diesen Nachwuchs dringend.“ Hier sei die Politik gefordert, mit Nachdruck gegenzusteuern.
Die Ergebnisse der Befragung von rund 260 Ärzten wurden heute auf einer Pressekonferenz zum Thema „Herausforderung: Arzt sein heute!“ vorgestellt. 2012 wurde eine idente Erhebung durchgeführt.
Negative Spitzenreiter: Bürokratie, mangelnde Wertschätzung, EDV, Zeitdruck
Die Ursachen der verbreiteten Unzufriedenheit liegen nicht in individuellen Faktoren oder persönlichen Problemen, sondern sind struktureller Art. Spitzenreiter unter den Ärgernissen ist mit 88 Prozent der bürokratische Aufwand – er war bereits 2012 die Nummer 1. „Das ist mehr als plausibel“, so Steinhart. „Jede Ärztin und jeder Arzt kennt die oft unsinnigen bürokratischen Vorgaben in Krankenhäusern und Arztpraxen, vieles davon bringt Patienten keinerlei Vorteile.“ Die Ärztevertretung fordere schon lange, hier zu entbürokratisieren, damit die Zeit von Ärztinnen und Ärzten den Patienten zu Gute kommt und nicht in sinnloser Bürokratie versickert, so Steinhart.
An zweiter Stelle der Ärgernisse steht heute mit 78 Prozent bereits die fehlende Wertschätzung der ärztlichen Tätigkeit durch Krankenkassen und Politik. Dieser Trend hat sich zuletzt massiv verschärft, 2012 war davon noch nicht die Rede. Steinhart: „Ein Ergebnis, das wohl niemanden verwundert, der berufsmäßig mit Sozialversicherungen und der Gesundheitspolitik zu tun hat.“
Und auf Platz drei der Ärgernisse kommen mit 57 Prozent die Themen EDV und die damit verbundenen Kosten. Ein Stichwort ist hier die Elektronische Gesundheitsakte ELGA, bei der Aspekte wie die Benutzerfreundlichkeit, der Datenschutz und die Befundvollständigkeit unverändert offen sind und die Frage der Kosten völlig ungeklärt ist. Steinhart: „Hier erwarten Patienten und Ärzte von der Politik zufriedenstellende Antworten.“
Heute ebenso wie vor fünf Jahren findet sich „Zeitdruck durch hohe Patientenzahl“ unter den Top-5-Ärgernissen. „Hier geht es politisch zum einen darum, für ausreichend medizinischen Nachwuchs zu sorgen. Zum anderen wird es nötig sein, die Rahmenbedingungen der kassenärztlichen Tätigkeit wieder so attraktiv zu gestalten, dass es ausreichend Kassenärzte gibt“, fordert Steinhart. Für eine gute flächendeckende Versorgung und eine wirksame Entlastung der Spitäler braucht Österreich 1.400 Kassenarztpraxen zusätzlich, davon 300 in Wien.
Was Ärzte an ihrem Beruf ganz besonders schätzen
Nummer 1 bei der Frage, was Ärztinnen und Ärzte an ihrem Beruf besonders schätzen, ist mit 91 Prozent dessen „Vielseitigkeit“, gefolgt von „guter Kontakt und Beziehungen zu den Patienten (89%), Herausforderungen (88%), Vertrauen und Wertschätzung (87%), die Betreuung der Patienten (84%) und die Freiberuflichkeit (79%).
„Was also im Zentrum unseres Berufes steht, nämlich eine gute und engagierte Beziehung zu Patienten mit dem Ziel einer bestmöglichen Behandlung, das machen Ärztinnen und Ärzte ganz besonders gerne“, bilanziert Steinhart. „Das darf auf keinen Fall durch bürokratischen und wirtschaftlichen Druck, unattraktive Rahmenbedingungen oder das Arzt-Patient-Verhältnis gefährdende ‚Mystery Shopping‘ aufs Spiel gesetzt werden.“
Auch der Gesichtspunkt ständiger Weiterentwicklung und Weiterbildung ist maßgeblich für die Zufriedenheit mit dem Arztberuf. Von Pharma-Unternehmen erwarten sich Ärzte primär die Unterstützung bei der Fortbildung, allerdings unabhängig und nicht interessensgeleitet.
„Die vorliegenden Ergebnisse sehe ich als eine sehr eindeutige Bestätigung der Richtigkeit und Stichhaltigkeit unserer standespolitischen Positionen“, so Steinhart. „Ich hoffe, dass sie von Gesundheitspolitik und Sozialversicherungen als Anlass dafür gesehen werden, in die richtige Richtung aktiv zu werden.“
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